Stimmt’s oder nicht? – Wie wir manipuliert werden

Die Fußball WM liegt schon eine Weile zurück. Abgesehen davon, dass ich viel Freude beim Zuschauen hatte, gab es ein Ereignis, das mich nachdenklich gestimmt hat. Es waren die zusammengeschnittenen Übertragungsbilder, die mitten im Deutschland-Spiel einen offensichtlich zum Scherzen aufgelegten Joachim Löw zeigten, der einen Balljungen neckte. Erst im Anschluss an das Spiel stellte sich heraus, dass diese Bilder zu einem ganz anderen Zeitpunkt entstanden sind.
Ein Einzelfall? Nein, denn das, was wir dort erlebt haben, passiert in den Medien und besonders im Internet permanent. Wir werden manipuliert.
Bilder werden geschönt oder entsprechend der Aussage, die sie machen sollen, verändert. Photoshop lässt grüßen. Als Laie erkennen später nicht mehr, was retouchiert, eingesetzt oder zusammengeschnitten wurde.
Ähnliches passiert übrigens auch mit Texten, die selbst in vertrauenswürdigen Print- oder Online-Medien immer häufiger nicht so unabhängig und frisch daherkommen, wie es eigentlich sein sollte. Neulich erhielt ich von einer Redaktion einen Text zur Überarbeitung. Ich las ihn, wurde stutzig, recherchierte und musste feststellen, dass dieser Text gar nicht aus der Redaktion kam oder von einem freien Autor neu verfasst war, sondern schlichtweg von einem anderen Online-Portal geklaut war. Und darunter sollte ich nun meinen Namen schreiben. Ich war wirklich entsetzt.
Das ist nur ein Beispiel von vielen. Traurig genug. Aber viel schlimmer für mich ist, dass wir durch unser Konsumverhalten offensichtlich selbst dafür sorgen, dass so etwas passiert und damit verlieren wir ein Stück unserer Selbstbestimmung. Wir überlassen uns unkritisch dem Wirken anderer.
Vor gut zwei Jahren klickte ich mich durch Netz, weil ich mir überlegt hatte, einen Hund anzuschaffen. Schon am nächsten Tag, konnte ich das Ergebnis meiner Suche sehen. Egal, welche Seite ich öffnete, am Rande gab es nur noch Werbung, die mit Hunden zu tun hatte. Hundekörbchen, Hundewelpen, Vereine, die Hunde retten und und und. Dicht am Kunden dran, würde man im Marketing sagen. Ich persönlich fand es erschreckend.
Aber es geht weiter. Facebook ist für viele von uns ein täglicher Begleiter. Wir kommunizieren, teilen uns mit, schmunzeln über Bilder, verbreiten etwas, das wir interessant finden, oder verbinden uns mit Menschen, die wir überhaupt nicht kennen.

Letzteres habe ich in einem Selbstversuch getestet.
Dazu habe ich mir einen Namen ausgedacht, habe mir bei GMX einen E-Mail-Account mit diesem Namen eingerichtet und anschließend ein Facebook-Profil erstellt. Ich habe keine Ahnung, nach welchen Kriterien Facebook die Vorschläge für neue Freunde auswählt – was jedenfalls auf den ersten Blick auffällig war – es waren Freunde aus meinem persönlichen, wirklichen Freundeskreis dabei.
Fassen wir mal zusammen: Ich melde mich unter falschem Namen und mit einer gefälschten E-Mail-Adresse an und trotzdem ordnet Facebook dieser Person, die es nicht gibt, Menschen zu, die ich persönlich kenne. Wie das? Über die IP? Speichert Facebook noch andere Daten über mich?
Scheinbar, denn es geht noch weiter. Nachdem ich wild alle Freundschaftsvorschläge dankbar angenommen habe und mindestens 50 Freundschaftsanfragen versendet hatte, loggt Facebook mich plötzlich aus und bittet darum, dass ich mich per Handynummer identifiziere – angeblich um Spam zu vermeiden. Ich bin so frei und gebe meine richtige Handynummer an, bekomme einen Code zugeschickt, darf mich wieder einloggen. Wieder bekomme ich Freunde-Vorschläge und nun haut es mich um, denn darunter sind einige, die eindeutig einer vorherigen Wohnadresse von mir zuzuordnen sind. Zufall oder gleicht Facebook mehr Daten ab, als uns lieb sein kann? Übrigens hat Facebook meine Handynummer auch gleich in mein Profil integriert. Hätte ich das nicht per Zufall unter den persönlichen Einstellungen entdeckt, wäre diese Handynummer öffentlich gewesen.
Und noch etwas – dieser gefakte Mensch hat mittlerweile über 50 Freunde, die er nicht kennt – ja gar nicht kennen kann, weil es ihn ja nicht gibt. Nur eine Handvoll von denen, die ich angefragt habe, haben nachgehakt und wollten wissen, wer ich denn eigentlich bin.

Das Internet ist aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Es erleichtert uns vieles, sorgt für Arbeitsplätze, gibt uns die Möglichkeit, uns zu zeigen und informiert uns. Aber es hat auch andere Seiten, die uns bewusst sein sollten, wenn wir es nutzen. Nicht jede Information stimmt, hinter vielem, was uns dort begegnet, verbirgt sich ein Zweck, der für den User nicht offensichtlich ist. Achtsamkeit ist geboten, wenn wir weiterhin selbstbestimmt und unabhängig entscheiden wollen.
Ihre Jeannette Hagen

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