Verbieten oder Vorbild sein?

Das sogenannte Komasaufen unter Berliner Jugendlichen ist zwar in den letzten Jahren kontinuierlich zurückgegangen. Im Jahre 2009 waren es noch 2058 Minderjährige, die mit einer akuten Alkoholvergiftung ins Krankenhaus eingeliefert werden mussten, 2011 dagegen nur noch 1299. Trotzdem liegt Alkohol trinken bei Kindern und Jugendlichen im Trend. Sicher der Grund, warum Berlins Gesundheitssenator Mario Czaja (CDU) plant, mit einer Bundesratsinitiative das im Jugendschutzgesetz geregelte Abgabealter von Alkohol zu vereinheitlichen. Demnach sollen dann auch Bier, Wein, Sekt und Mischgetränke erst an 18-Jährige verkauft werden dürfen. Ich bezweifle, dass das der richtige Weg ist.

Denn, wie sagte Marie-Luise Dittmar, Sprecherin der ehemaligen Gesundheitssenatorin Katrin Lompscher in einem Interview: „Jede Flasche Alkohol, die ein Kind trinkt, haben zuvor Erwachsene in der Hand gehabt. Sie sind es, die die Verantwortung tragen und in die Pflicht genommen werden müssen.“
Diese Ansicht teile ich uneingeschränkt. Wir brauchen keine neuen Verbote, Regeln, Vorschriften. Das ufert immer mehr aus und am Ende kann es uns doch nicht von unserer Verantwortung entbinden. Die tragen nämlich wir Erwachsenen.
Schauen wir uns um, fassen wir uns selbst an die Nase und überprüfen mal, wie selbstverständlich Alkohol zu unserem Leben dazugehört.

Auch wenn sich unser Leben, unser Alltag über die Jahre verändert haben, alles schneller, hektischer, moderner geworden ist – eines ist geblieben – Kinder lernen nach wie vor durch Beobachten, durch Imitation. Der dänische Familientherapeut Jesper Juul geht sogar noch weiter, in dem er sagt: Kinder kopieren und kooperieren. Sie nehmen das, was sie sehen auf. Biertrinkende Eltern beim Stadtfest, Sektempfang hier, Absacker-Schnaps da. Und dann zeigen sie, dass sie das auch können.  Nur haben sie leider nicht gelernt, wo das richtige Maß liegt.
Insofern wird es nicht viel nützen, den Kindern den Alkohol-Erwerb per Gesetz zu verbieten. So lange an jeder Ecke für Bier geworben wird, die Bier-Mix-Getränke immer mehr nach Limonade schmecken und über den Alkohol-Gehalt hinwegtäuschen, Alkohol-Genuss in der Öffentlichkeit gang und gäbe ist und wir als Erwachsene nicht endlich die Verantwortung dafür übernehmen, dass es letztendlich auch unser Verhalten ist, das die Kinder zum Trinken animiert.
In Deutschland sind offiziell mehr als eine Million Menschen alkoholabhängig, die Dunkelziffer dürfte noch einmal so hoch sein. Fangen wir doch besser damit an.
Ihre Jeannette Hagen

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