Es ist knapp einen Monat her, seit die Bezirksverordneten von Steglitz-Zehlendorf über die Einrichtung eines neuen Flüchtlingsheims in der Goerzallee diskutiert haben. Die ehemaligen Fabrikgebäude würden 500 Plätze ermöglichen und eigentlich sollte längst klar sein, ob nun grünes Licht für das Vorhaben gegeben wird oder nicht. In der Zwischenzeit sind erneut Flüchtlinge ertrunken, die ihre Heimat verlassen haben oder sie verlassen mussten, weil dort unmenschliche Zustände herrschen.
Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber abgesehen davon, dass ich tief betroffen über den Tod dieser Menschen bin, kann ich eine gewisse Ambivalenz bei dem Thema “Flüchtlingshilfe” nicht verleugnen. Das liegt allerdings keineswegs daran, dass ich der Meinung bin, man sollte diesen Menschen nicht helfen. Im Gegenteil. Natürlich muss ihnen geholfen werden. Schließlich sind sie in Not. Die Ambivalenz schleicht sich aus einer anderen Ecke an und rührt daher, dass ich nach wie vor die Integrations- und Migrationspolitik unseres Landes für verbesserungswürdig halte. Und mir schlichtweg denke: Man kann doch nicht so viele Menschen nach dem Motto “Platz ist in der kleinsten Hütte” aufnehmen, wenn die Strukturen dafür nicht vorhanden sind. Wir kommen ja stellenweise nicht mal mit den eigenen Bürgern klar, was sich zum Beispiel an der – für ein wirtschaftsstarkes Land wie Deutschland – unwürdig hohen Kinderarmut zeigt.
Auch glaube ich, dass kulturelle Unterschiede sich nicht einfach so weichzeichnen lassen. Mentalitäten, Werte, Glauben – all das lässt sich nicht glattbügeln und kuschelig, einheitlich unter der Multikulti-Glocke zusammenpressen. Das ist meiner Ansicht nach Augenwischerei. Ich finde auch, dass diese Debatte grundsätzlich nicht ehrlich genug geführt wird, weil die, die vielleicht nicht so viel von einem neuen Flüchtlingsheim halten oder grundsätzlich Bedenken haben, gern gleich als ausländerfeindlich abgestempelt und damit mundtot gemacht werden. Dabei braucht es die Auseinandersetzung, damit der Groll sich nicht staut und in unkontrollierter Form wie unlängst in Hellersdorf ausbricht.
Wie gesagt, ich finde, es ist ein schwieriges Thema und trotz all der Schwierigkeiten schreit es nach einer schnellen Lösung, denn die Verhältnisse in einigen Ländern bewegen die Menschen verständlicherweise zur Flucht. Vor Ort zu helfen, gelingt ja leider nicht immer. Aber hier, auch wenn das Flüchtlingsheim vielleicht erst 2014 realisiert wird, jetzt schon intensive Gespräche mit den Bürgern zu führen, das ist möglich und ich halte das für sehr wichtig. Ein Manko der Integrationspolitik ist für mich immer wieder, dass die Einwohner, die, die hier ihre Heimat haben, viel zu wenig in die Entscheidungsprozesse mit eingebunden werden. Allein die Evolution und die Geschichte lehren uns doch, dass Heimat stets gegen Fremde verteidigt wird. Das ist ein Erbe, genau wie der Fluchtreflex bei vermuteter Gefahr. Und eigentlich muss man gar nicht so weit zurückschauen. Fragen Sie sich ganz ehrlich, wie es Ihnen geht, wenn die Gäste nach einer Woche bei Ihnen zuhause plötzlich beschließen, noch eine Woche dranzuhängen. Daran, dass Sie sich danach sehen, wieder in Ihrem eigenen Rhythmus zu leben, ist überhaupt nichts Verwerfliches. Aber wie im Kleinen, so auch im Großen. Vielleicht wäre es ein Ansatz, mal aus der Richtung heranzugehen und neben all den sinnvollen Integrationsprogrammen mal solche zu entwerfen, die es den Bürgern erleichtern, die Fremden mit offenen Armen als Menschen in Not zu empfangen. Denn ich bin fest überzeugt, dass sich vor dem Leid anderer Menschen eigentlich niemand verschließen möchte.