“Behindern ist heilbar”

Kennen Sie das Phänomen der Synchronizität? Sie begegnen einem neuen Thema und plötzlich taucht dieses Thema an ganz verschiedenen Stellen in Ihrem Leben auf, so als würde es sagen: Komm, beschäftige Dich mit mir!
So ging es mir neulich mit dem Wort: Inklusion. Ein eher sperriger Begriff, den ich zwar aus der Mineralogie kannte, den ich aber im Alltag selten benutzte.

Bis zum letzten Dienstag, als ich in der Berliner Comenius Schule saß und den Lehrern lauschte, die das Programm der Schule verstellten. Da tauchte zum ersten mal das Wort Inklusion auf. Es gehe darum, Heterogenität als den Normalzustand zu betrachten und behinderte Kinder nicht mehr als “andere oder auffällige” in die Klasse zu integrieren, wie man es bislang nach dem Integrationsmodell getan hat, sondern sie zu inkludieren, dass heißt die Verschiedenheit als Ausgangspunkt des weiteren Handelns zu nehmen. Jedes Kind dort abzuholen, wo es gerade steht und entsprechend seiner Voraussetzungen zu unterstützen und zu fördern.

Ein paar Stunden später, ich saß zu Hause an meinem PC, stieß ich erneut auf das Wort Inklusion. Diesmal auf Facebook, ein eingestellter Link, der zu einer neuen Kino-Werbekampagne des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales führte. “Einfach machen – einfach machen” so der Slogan. Das Behindern heilen. Barrieren abbauen. Die Vielfalt menschlicher Schöpfung sehen und wertschätzen.

So weit so gut. Mir gefällt die Idee, die dahinter steckt. Nur frage ich mich, ob die Gesellschaft dafür reif ist und speziell auf die Schulen bezogen – ob sich mal irgendwer Gedanken darüber gemacht hat, wie das umzusetzen ist. Die Frage konnten auch die Lehrer der Comenius Schule nur so beantworten, dass sie sich entsprechend der Voraussetzungen (Personal, Schüleranzahl, räumliche Gegebenheiten) bemühen. Ein schwaches Wort für eine starke Sache!

Bleibt für mich der Nachgeschmack, dass wahrscheinlich eine guter Ansatz wieder daran scheitert, dass die Idee zwar artikuliert, die Rahmenbedingungen dafür aber nicht vorhanden sind. Aber das scheint ja für unsere Bildungspolitik trauriger Standard zu sein.

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