Die Kraft der Gemeinschaft

Das Stadtteilzentrum Steglitz ist ein Verein, der sich um das Wohl der Menschen im Bezirk kümmert. Der das lebt, was man ganz lapidar als „Nächstenliebe“ bezeichnen könnte, denn oberste Priorität hat der soziale Gedanke, das Miteinander, das Füreinander. Dass das in Zeiten, da die Schere zwischen arm und reich immer weiter aufgeht, die Menschen immer einsamer werden und die Mittel drastisch gekürzt werden, immer schwieriger ist, hält das Stadtteilzentrum Steglitz nicht davon ab, an diesem sozialen Gedanken festzuhalten, denn er wird immer dringlicher.

 

Zwar kann ein Verein kein Familienersatz sein, für viele Menschen ist er aber ein Hort. Mit seinen vielen Einrichtungen ein Ort der Wärme, der Geselligkeit. Wie nötig das in der heutigen Zeit ist, zeigt unter anderem die neueste OECD-Studie, die aktuell in London vorgestellt wird. Darin kann man zum Beispiel lesen, dass der Gebrauch von Antidepressiva in den meisten OECD-Ländern (das sind überwiegend die reichen Länder der Erde) in den vergangenen zehn Jahren dramatisch angestiegen ist. In manchen Ländern, so der Bericht, werde inzwischen mehr als einem von zehn Erwachsenen ein Antidepressivum verschrieben. Kinder dagegen werden immer häufiger mit Ritalin behandelt. Und auch bei ihnen lässt sich ein Trend erkennen – die psychische Belastbarkeit sinkt stetig, sowie auch die allgemeine Fitness der Kinder mehr und mehr abnimmt.

Es scheint, als ob der Mensch sich selbst nicht gut tut.

Ich bin fest davon überzeugt, dass uns vor allem die Gemeinschaft fehlt. Die echte Gemeinschaft. Eine in der man sich ehrlich auseinandersetzen kann. In der Meinungen als das angesehen werden, was sie sind: Meinungen. Eine Gemeinschaft, die nicht verurteilt, sondern trägt und hält. In der man als Individuum wahrgenommen und in der trotzdem die Zusammengehörigkeit gelebt wird. Ein Ort des Gebens und Nehmens.

Diese Gemeinschaft haben wir auf vielen Ebenen verloren. Zwar wird das Wort gern auf dem politischen Parkett gern benutzt, wenn es zum Beispiel um die Staatengemeinschaft geht. Doch das meiste, das wir heute als Gemeinschaft bezeichnen, dient nur als Ersatz. Allerdings nicht als gleichwertiger. So kann eine Staatengemeinschaft nicht das Gefühl von Nationalstolz ersetzen, den die Menschen in einem Land brauchen, um sich zugehörig und verbunden zu fühlen. So kann eine digitale Gemeinschaft zwar zeitweilig Gesellschaft sein oder auch Halt geben, nie jedoch die Wärme vermitteln, die entsteht, wenn man einem Gegenüber in die Augen schaut und sich verstanden fühlt.

In einer echten Gemeinschaft dürfen die eigenen Bedürfnisse zurücktreten und Platz für das Wohl aller machen, die Teil der Gemeinschaft sind. Ich sehe in diesem Punkt die größte Schwierigkeit, die wir heutzutage mit Gemeinschaften haben. Aber ich sehe auch, dass gerade kleine Gemeinschaften, so wie das Stadtteilzentrum eine ist, vorleben, wie es aussehen kann und wie wir das Gefühl der Zugehörigkeit mit in die Zukunft retten können.

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