Kaum etwas in unserem Leben ist so stabil, wie die Rollenverteilung zwischen Kindern und Eltern. Einmal Kind immer Kind, selbst wenn man im betagten Alter vor der noch betagteren Mutter oder dem schon greisen Vater steht. Ähnlich stabil wie diese Bindung ist meist auch das Ritual des Gebens und Nehmens. Eltern geben ihren Kindern: Liebe, Aufmerksamkeit, Unterstützung, Geld. Doch irgendwann ist damit Schluss. Werden Eltern alt und pflegebedürftig, kippt diese Dynamik und das ist oft besonders schwer für die Kinder.
Nicht nur, weil sie eine – wenn auch manchmal nur gefühlte – Stütze verlieren, sondern weil sie sich mit völlig neuen Situationen konfrontiert sehen. Plötzlich halten sie das Ruder in der Hand, müssen entscheiden, müssen sorgen. Das kann nur gelingen, wenn man sich rechtzeitig darauf vorbereitet und wenn man einige Ratschläge beherzigt.
Vor allem den, die Rollen trotz der veränderten Situation nicht zu vertauschen. Auch wenn die Eltern hilfsbedürftig sind, so sind sie trotzdem erwachsen und schätzen es sicher nicht, wenn Sie ihnen plötzlich die Verantwortung für alles abnehmen. Soweit es möglich ist, sollten Sie bei Entscheidungen, die zu fällen sind, alle notwendigen Informationen zusammentragen, die Entscheidung selbst am Ende aber Ihren Eltern überlassen.
Wenn Sie in der Nähe wohnen und Ihre Eltern regelmäßig besuchen, ist es wichtig, auf kleine Zeichen achten, die eventuell darauf schließen lassen, dass die Aufmerksamkeit oder allgemein die Kraft der Eltern nachlässt. Achten Sie darauf, welche Lebensmittel im Haus sind, ob sie frisch sind, ob genügend Getränke da sind, ob die Kleidung sauber ist. Das klingt so selbstverständlich und doch sind es gerade solche Kleinigkeiten, die anzeigen, dass Ihre Eltern vielleicht Hilfe benötigen. Wenn dem so ist, sollten Sie Mutter und Vater nicht sofort damit konfrontieren, schon gar nicht vor anderen Menschen. Besser ist es, sie liebevoll darauf aufmerksam zu machen und das Gespräch darüber zu suchen.
Sollte das nicht helfen, dann lassen Sie sich selbst helfen, in dem Sie Fachleute zu Rate ziehen oder in die Pflege einbeziehen. Über Dritte solche “Tabuthemen” wie zum Beispiel Körperpflege zu transportieren, gelingt oft leichter.
In jedem Fall sollten Sie sich über Hilfsangebote informieren, die es sicher auch in unmittelbarer Nähe gibt. Bezirksämter, Vereine, Gesprächsgruppen – es gibt viele Anlaufstellen, wo man sich Rat und Hilfe holen kann. Besonders dann, wenn es darum geht, die Frage zu klären, ob eine eigene Wohnung auf lange Sicht noch das Richtige ist.
Die eigenen Eltern altern zu sehen und zu spüren, dass sie mehr und mehr Stärke verlieren, das ist kein leichter Prozess. Begegnet man den Eltern auch hier mit Achtung und Aufmerksamkeit, kann jedoch auch diese letzte Phase der Eltern-Kind-Beziehung schön und erfüllend sein.