Betreuungsgeld – ja oder nein?

Gut ein Jahr ist es her, dass das Betreuungsgeld eingeführt wurde. Zeit genug, um ein Resümee zu ziehen und die Sinnhaftigkeit dieser politischen Entscheidung ein weiteres Mal zu hinterfragen. Die Idee hinter der Herdprämie, wie das Betreuungsgeld im Volksmund auch genannt wird, ist, Müttern und Vätern, die sich in den ersten Jahren nach der Geburt eines Kindes zu Hause in Vollzeit der Erziehung widmen, eine staatliche Unterstützung zukommen zu lassen – diese Zeit quasi als Erziehungsarbeit wertzuschätzen.

 

150 Euro beträgt der aktuelle Betrag, knapp 65.000 Mal wurde es in dem Zeitraum vom 1. August bis 31. Dezember 2013 bewilligt. Interessant ist es, mal einen Blick auf die Verteilung nach Bundesländern zu werfen. Während in Berlin nur 604 Bezüge registriert sind, gab es in Baden-Württemberg 14.622, in Bayern sogar 15.588 Bewilligungen. Die Aufteilung nach neuen und alten Bundesländern zeigt einen riesigen Unterschied: in den neuen Bundesländern (einschließlich Berlin) bekamen 4.653 Familien die Herdprämie bewilligt, in den alten Bundesländern dagegen 60.224. Was für ein deutlicher Unterschied.

 

In einem Beitrag der ZEIT beklagt eine Berliner Kitaleiterin, dass das Geld komplett fehlinvestiert sei. Dass man es doch lieber in den Ausbau der Kitas und die Verbesserung der Betreuungsstrukturen gesteckt hätte, statt es als Wahlkampfthema zu missbrauchen. Auch in der Öffentlichkeit kommt das Betreuungsgeld nicht gut weg, wie man schon an dem Begriff “Herdprämie” ablesen kann und an Sprüchen wie: “Wie wäre es eigentlich damit: 100 Euro Betreuungsgeld für jeden Politiker, der zuhause bleibt und keinen Schaden anrichtet.” Und selbst in der Politik bleibt das Betreuungsgeld bis heute heftig umstritten – so fordern die Grünen ganz aktuell wieder die schnellstmögliche Abschaffung. Die CSU dagegen beharrt auf dem Betreuungsgeld, was die These der Kitaleiterin unterstreicht, denn wo viele so eine Möglichkeit in Anspruch nehmen (siehe Statistik) kann man mit dem Thema natürlich glorreich in den Wahlkampf ziehen.

 

Zusätzlicher Unmut gegen das Betreuungsgeld kam übrigens durch die, letzten Sonntag von der Nachrichtenagentur dpa veröffentlichten Ergebnisse einer Untersuchung auf. Die Studie, die vom Deutschen Jugendinstitut und der Universität Dortmund durchgeführt wurde, kommt zu dem Schluss, dass das Betreuungsgeld vor allem viele Migrantenfamilien und Eltern mit geringer Bildung davon abhält, ihre Kleinkinder zur Betreuung in eine Kita zu schicken. Das ist auch ein Punkt, den besagte Kitaleiterin in dem ZEIT-Artikel kritisiert.

 

Aber darum geht es meiner Ansicht nach gar nicht – 100 Euro oder jetzt 150 Euro sind keine adäquate Bezahlung für den Erziehungsaufwand der ersten Jahre. Migrant oder nicht. Und warum überhaupt bezahlen? Wann wurden Eltern jemals dafür bezahlt, dass sie ihre Kinder betreuen? Für mich ist das Thema Betreuungsgeld komplett unausgegoren und halbherzig. Die bessere Lösung hieße – und da stimme ich der Kitaleiterin absolut zu – endlich die Strukturen in den Kitas zu verbessern. Die Erzieherinnen besser zu bezahlen, Standorte auszubauen und den Betreuungsschlüssel zu verändern. Oder eben die Renten zu verändern. Eltern, die wegen der Kindererziehung zuhause geblieben sind, endlich besser zu stellen, als das momentan gehandhabt wird. Aber da das Thema Betreuungsgeld oder insgesamt die Themen Betreuung und Bildung ja nach wie vor als Randthemen stiefmütterlich behandelt werden, wird es wohl leider noch einige Zeit dauern, bis sich der Wind dreht.

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