Neulich gab es in der Welt einen Kommentar von Autor und Familientherapeut Wolfgang Bergmann. Es ging darum, wie sehr Jungs heutzutage verweiblicht werden und was das für Folgen hat. Wir hatten das Thema hier auf diesem Blog schon unter einem anderen Aspekt beleuchtet, wollen es aber trotzdem noch einmal aufgreifen.
„Die Welt ist für Jungen zu eng geworden. Viel zu normiert. Und langweilig. Was ihnen Spaß macht, ist meistens verboten. Was sie besonders gut können, wird nirgends verlangt – im Kindergarten nicht und in der Schule auch nicht. In der pädagogischen Welt hat sich scheinbar alles verschworen, ihnen ihre „männlichen“ Eigenschaften abzugewöhnen. Jungen werden unruhig dabei, fahrig und eine immer größere Zahl sogar seelisch krank, hyperaktiv oder depressiv.“
Mit diesem Absatz beginnt Bergmann seinen Kommentar und ich muss ehrlich sagen – als ich das gelesen habe – wurde mir ein wenig mulmig zumute, denn er hat so Recht. Mir fiel sofort eine Szene ein, die ich vor einiger Zeit in einem Restaurant erlebt hatte. Ein etwa 7 oder 8 Jähriger Junge saß mit Mutter, Oma und dem Freund der Mutter an einem Tisch. Die beiden Frauen redeten unentwegt auf den Jungen ein, verunsicherten ihn, als er klar ausdrückte, was er essen und trinken wollte, in dem sie ihm ständig Alternativen anboten. Irgendwann fing er an zu weinen, dann gab es Trost und Schelte gleichzeitig. Es war wirklich zum Haare raufen! Und der Mann? Der blieb stumm.
Schaut man sich um – egal ob in Kitas, Schulen oder auf Spielplätzen – Frauen sind omnipräsent und weisen die Jungs in IHRE – also in weibliche Schranken.
Gründe dafür gibt es viele, einer ist sicher der emotionale Rückzug und die Verunsicherung vieler Männer. Aber es sind auch gesellschaftliche Gründe, die dahinter stecken. Faktoren, die mit dem Image und der Bezahlung des Erzieher- oder Lehrerberufs zusammenhängen, aber auch mit der Stellung des Mannes generell.
Männliche Attribute werden öffentlich mehr und mehr missbilligt. Das ist meiner Ansicht nach die Kehrseite des Feminismus. Es scheint nur ein „entweder / oder“ zu geben – das „sowohl als auch“ existiert in vielen Köpfen nicht. Leider vergessen wir dabei, dass man Eigenschaften möglicherweise zeitweise wegerziehen kann, dass sie sich aber in anderer Form, dann meist in unangenehmer, wieder zeigen. Ein Teufelskreis bei dem sich die Katze in den Schwanz beißt. Kinder sind kooperativ, sie wissen, dass es existenziell notwendig ist, sich anzupassen, weil sonst der Liebesverlust droht. Darum machen Jungs mit. Doch es tut ihnen nicht gut und der Preis für uns alle ist hoch. Denn was wird aus vielen Jungs, die keine männliche Identifikationsmöglichkeit mehr haben? Aggressive Weicheier. Jungs, die nicht gelernt haben, ihre Impulse auf eine gesunde Art selbst zu kontrollieren und die ihre Grenzen nicht kennen. Die ängstlich und weinerlich sind, weil sie überhaupt kein Gefühl dafür aufbauen können, wer sie eigentlich sind. Und kleine, arrogante Schnösel, die von Mama gepimpert, glauben, dass sie der Nabel der Welt sind.
Das Schlimme daran ist, dass wir das alle wissen. Wenn ich mit anderen Frauen, mit Müttern von Söhnen darüber spreche, dann gibt es großes Verständnis, viel Kopfnicken und im nächsten Moment wird der Sohn dann doch wieder ermahnt, nicht so wild zu sein. Was den Kindern und vorrangig den Jungs fehlt, ist der Freiraum. Wo können sie sich denn heute noch austoben, reiben, raufen und zwar ohne dass der pädagogische, meist weibliche Zeigefinger erhoben wird? Wo ist das Land, wo die wilden Kerle wohnen und wo sie noch so sein können, wie sie sind? Und wo sind die Männer, die sie dorthin führen? Die sie initiieren, ihnen zeigen und vorleben, was es heißt ein Mann zu sein? Ich würde ihnen von Herzen wünschen, dass sie das Land wieder für sich entdecken, damit aus ihnen großherzige, abenteuerlustige, selbstbewusste und kraftvolle Männer werden, denen nicht daran gelegen ist, Frauen zu unterdrücken, einfach weil sie keinen Grund mehr haben, sich auf aggressive Weise von der Übermacht der Frauen zu befreien.